mosaiic ist Partner im Forschungsprojekt AKKORD, in welchem seit 2019 ein integrierter, datengetriebener Referenzbaukasten zur industriellen Datenanalyse entwickelt und als kollaborative Service-Plattform realisiert wird. Im Verbund mit mehreren Unternehmen und Universitäten werden Lösungen und Empfehlungen für relevante Handlungsfelder im Themenfeld Analyse und Vernetzung von Daten erarbeitet und verprobt.
Industrielle Data Analytics in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken gewinnbringend einzusetzen, erfordert ein tiefes Verständnis der verschiedenen Data Analytics-Ansätze.
In diesem Blog-Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Unterschiede dieser Ansätze und einen Leitfaden dafür, wie Sie die besten Entscheidungen für Ihr Unternehmen treffen.
Navigieren Sie durch das Daten-Labyrinth: Data Analytics Ansätze erklärt
Der Daten-Boom
Die weltweite Datenmenge explodiert: von rund 33 Zettabyte (ZB) im Jahr 2018 steigt sie auf 175 ZB im Jahr 2025 (ein Zettabyte entspricht einer Milliarde Terabyte) – also jedes Jahr um circa 27 Prozent [1].
Speziell in den Unternehmen werden immer mehr Software-Anwendungen eingesetzt, die ständig neue Daten erzeugen. Besonders zunehmen wird künftig die Datenmenge im Bereich „Produzierendes Gewerbe“, der bisher nicht sein volles Potenzial ausschöpft [2]. Abbildung 1 zeigt die globale Datensphäre in einzelnen Wirtschaftsbereichen im Jahr 2018 in Zettabyte.
Der größte Teil des entstehenden Datenvolumens bleibt ungenutzt und liefert demzufolge keinen Mehrwert. Hierunter fallen vor allem Rohdaten (gesammelte, aber nicht ausgewertete Daten) und Dark Data (gesammelte, aber nicht benutzte Daten, deren Existenz man sich gar nicht bewusst ist). Nach aktuellen Schätzungen sind dies immerhin etwa 75% der insgesamt in den Unternehmen gesammelten Daten [3]. Was können Unternehmen tun, um das Potenzial, das in diesen Daten liegt, abzuschöpfen?
Die IT-Revolution hat die Notwendigkeit mit sich gebracht, große Mengen unterschiedlicher Daten auf sinnvolle Weise zu speichern, zu verarbeiten und zu analysieren. Willkommen in der Welt der Data Analytics.
Abbildung 1: Die weltweit größten Datenerzeuger – Werte in Zettabyte (Datenquelle [2] , Eigene Abbildung, mosaiic 2020)
Häufiges Problem: Den richtigen Data Analytics Ansatz erkennen
Immer mehr Firmen erkennen einen Mehrwert beim Thema Data Analytics. Große Produkthersteller setzen auf intelligente Descriptive Analytics Ansätze von Produktionsdaten für effiziente Prozesse und Premiumqualität [4]. Predictive Maintenance Plattformen sind schon seit Jahren im Einsatz: vielen Unternehmen gelingt es bereits, die Lebensdauer älterer Maschinen um 20 Prozent zu erhöhen, so PwC [5]. Finanzinstitute nutzen schon datenbasierte KI-Methoden, um die Muster von Betrugsversuchen zu entdecken, bevor diese tatsächlich ausgeführt werden [6]. IT-Giganten, wie Google und Facebook, profitieren aus Kundendaten, auf deren Basis sie Nutzerverhalten prognostizieren können [7].
Im Gegensatz dazu sind KMUs oft zwiegespalten: auf der einen Seite nehmen sie die vielversprechenden Potenziale der Data Analytics wahr, auf der anderen Seite sind sie von dieser neuen Technologie-Welt verunsichert. Verantwortlich für diese Zurückhaltung sind meistens die vielen Herausforderungen, Unklarheiten und Veränderungen, die Data Analytics mit sich bringt: neue technische Aufgaben, neue Tätigkeiten, neue Prozesse und Rollen und schließlich finanzielle und personelle Zusatzaufwände. In der frühen Phase ist die Präzisierung und Auswahl des richtigen Data Analytics Ansatzes an sich ein komplexes Problem.
Lässt man sich auf das Thema „Data Analytics“ ein, stellen sich viele ganz grundlegende Fragen: Welche Unterschiede gibt es zwischen Descriptive und Diagnostic, Predictive und Prescriptive Analytics? Macht es für Sie Sinn in Ihrem Unternehmen eine Predictive Maintenance Plattform einzuführen? Oder ist ein Descriptive Analytics Ansatz, wie ihn viele Produkthersteller heute nutzen, der bessere Weg? Was ist der Mehrwert von KI-basierten Methoden und welche Einschränkungen bringen sie mit sich? Benötigen Sie einen Data Engineer oder einen Data Scientist zur Stärkung Ihrer neu aufgesetzten Data-Analytics-Abteilung?
Und – was bedeuten diese Begriffe überhaupt, mit denen Sie überrollt werden, sobald Sie sich dem Thema Data Analytics nähern?
Scoping Leitfaden: Data Analytics Ansätze erklärt.
Um unseren Kunden die Orientierung zu erleichtern, hat mosaiic einen Scoping Leitfaden entwickelt, den wir in diesem mosaiic-Impuls als übersichtliche Infografik zur Verfügung stellen. Die vier wichtigsten Data Analytics Ansätze, nämlich Descriptive, Diagnostic, Predictive und Prescriptive Analytics, werden anhand der wesentlichen Kriterien im Vergleich dargestellt. Die Infografik dient Ihnen somit als Hilfsmittel bei der Entscheidung „Welcher Ansatz ist für die Zielerreichung meiner Firma geeignet?“.
Der nächste große Paradigmenwechsel wird in Richtung eines fünften Ansatzes, nämlich der Cognitive Analytics gehen, bei dem die massiven Fortschritte im Hochleistungsrechnen genutzt werden und fortschrittliche Techniken der künstlichen Intelligenz mit Ansätzen der Data Analytics kombiniert werden [8]. Der Ansatz ist allerdings noch ein Forschungsthema und eher unreif für einen breiten industriellen Einsatz. Deshalb sind Cognitive Analytics in unserer Analyse nicht betrachtet.
Damit Sie die in der Infografik beleuchteten Data Analytics Ansätze noch besser einordnen können, erhalten Sie im Folgenden einen Überblick über die wesentlichen Ausprägungen, veranschaulicht durch Anwendungsbeispiele. Je Ansatz werden folgende Thematiken beschrieben u.a.: der Mehrwert, zeitlicher Fokus und Anwendungsbereich des Ansatzes sind hervorgehoben, die Entwicklungskomplexität und der Umsetzungsaufwand sind bewertet, der Software-Stack und fachliche Methoden sind exemplarisch aufgelistet und mit Hilfe praxisnaher Beispiele ist das Potenzial des Ansatzes erläutert.
Descriptive Analytics
Bei der Descriptive Analytics (Deskriptive Datenanalyse) geht es um die Fragestellung: „Was ist passiert?“. Der Ansatz ermöglicht, gesammelte Rohdaten aus mehreren Datenquellen oder Bereichen Ihres Unternehmens zu analysieren und darzustellen, mit dem Ziel wertvolle Informationen über die Vergangenheit zu erhalten. Am Beispiel eines Produktherstellers: die Vertriebsanalyse zeigt einen Absatzeinbruch für bestimmte Produkte in bestimmten Ländern. Die Ergebnisse müssen allerdings von einem Business Experten interpretiert werden, damit der Bezug zum Business Kontext hergestellt werden kann.
Diagnostic Analytics
Bei der Diagnostic Analytics (Diagnostische Analyse) wird die Frage „Warum ist es passiert?“ beantwortet. Gesammelte historische Daten werden analysiert, Muster werden identifiziert und die Ursachen / Auswirkungen eines Problems werden geklärt. Somit kann ein Unternehmen einen Einblick in unklare Informationen bekommen und die Zusammenhänge zwischen Ereignissen (Maschinenausfälle, Umsatz) untersuchen. Ein repräsentatives Beispiel stammt aus dem Gesundheitssektor: Nach einem plötzlichen Volumenanstieg in der Notaufnahme kann ein Klinikum mithilfe diagnostischer Analysen feststellen, dass alle Symptome der Patienten – hohes Fieber, trockener Husten und Müdigkeit – auf denselben Infektionserreger hinweisen. Die Qualität der Ergebnisse hängt allerdings stark von der Vollständigkeit der gesammelten Daten und vom investierten Aufwand ab.
Predictive Analytics
In der nächsten Stufe der Predictive Analytics (Prädiktive Analyse) interessieren Sie sich für eine Vorhersage und versuchen herauszufinden „Was wird in der Zukunft passieren?“. Aufbauend auf den Ergebnissen der Descriptive und / oder Diagnostic Analytics, werden zukünftige Trends mithilfe von Algorithmen vorhergesagt, Abweichungen von normalen Werten erkannt und Prognosen erstellt. Am Beispiel eines Klimaanalagenherstellers: Um die Verkaufszahlen von Klimaanlagen vor dem Hintergrund steigender Temperaturen in Nordeuropa für die kommenden Jahr vorherzusagen, werden mit Hilfe von Wettersimulation und Data Analytics Prognoserechnungen erstellt. Aber inwieweit diese Ergebnisse verwertbar sind, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Wie hoch ist das Risiko, das Sie eingehen wollen? Inwiefern wird die Situation stabil bleiben?
Prescriptive Analytics
Bei der letzten Stufe, der Prescriptive Analytics (Präskriptive Analyse), geht es darum, aus der Analyse verwertbare Maßnahmen abzuleiten und die Frage „Wie soll ich handeln?“ zu beantworten. Ziel ist es, automatisch vom System Handlungsempfehlungen zu bekommen, um ein künftiges Problem zu beseitigen oder zu verhindern. Das selbstfahrende Auto von Google, Waymo, ist ein repräsentatives Beispiel für diesen Ansatz [9]. Das Fahrzeug führt auf jeder Fahrt Millionen von Berechnungen durch, die dem Auto helfen, zu entscheiden, wann und wo es abbiegen soll, ob es langsamer oder schneller fährt und wann es die Spur wechselt – die gleichen Entscheidungen, die ein menschlicher Fahrer hinter dem Lenkrad trifft. Dabei müssen fortschrittliche Tools und Technologien, wie maschinelles Lernen und Simulation eingesetzt, gewisse Experten miteingebunden und historische Daten und organisations-externe Datenquellen angeschlossen werden. Aus diesem Grund sollte eine ausführliche Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden, bevor sich ein Unternehmen für den Einsatz von Prescriptive Analytics entschiedet.
Abbildung 2: Data Analytics Scoping Leitfaden – Infografik
Fazit: Nutzbringende Data Analytics als Verbesserungschance
Data Analytics ist in jedem Unternehmen erforderlich, um Daten auf sinnvolle Weise zu untersuchen und Probleme zu verstehen, die ein Unternehmen dabei hindern, alle Potenziale voll auszuschöpfen. Daten an sich sind lediglich Zahlen und Werte. Durch die angemessene statistische Behandlung werden menschliche Vorurteile ausgeschlossen und wichtige Erkenntnisse aus dem Datensatz gewonnen. Mit Hilfe des passenden Data Analytics-Ansatzes werden Daten organisiert, interpretiert, strukturiert und präsentiert bzw. in umsetzbare Informationen umgewandelt. Eine Strukturierung der Ergebnisse aus Umfrageforschung oder anderen Mitteln zur Datenerfassung ist dadurch ermöglicht. Dies bietet Kontext und Einblicke für das Unternehmen und hilft Entscheidungsträgern, Maßnahmen zu ergreifen, um die Produktivität und den Geschäftsgewinn zu steigern.
mosaiic unterstützt Sie gerne dabei, die für Sie passenden Data Analytics Ansätze herauszuarbeiten und gewinnbringend einzusetzen. Schreiben Sie uns!
Die Infografik mit einem Begriffsglossar können Sie auch unter diesem Link (PDF) herunterladen.
Förderhinweis
AKKORD (Förderkennzeichen: 02P17D210) wird im Rahmen des Förderprogramms „Industrie 4.0 – Kollaborationen in dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken (InKoWe)“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.
Referenzen
- Seagate, 2018, URL: https://www.seagate.com/files/www-content/our-story/trends/files/idc-seagate-dataage-whitepaper.pdf
- Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd), 2019, URL: https://www.iwd.de/artikel/datenmenge-explodiert-431851
- Splunk, 2019, URL: https://www.splunk.com/pdfs/dark-data/the-state-of-dark-data-report.pdf
- BMW Group, 2017, URL: https://www.press.bmwgroup.com/deutschland/article/detail/T0273931DE/smart-data-analytics:-die-bmw-group-setzt-auf-intelligente-nutzung-von-produktionsdaten-fuer-effiziente-prozesse-und-premiumqualitaet?language=de
- 2018, URL: https://www.pwc.de/de/industrielle-produktion/interview-predictive-maintenance-4-0-mehr-als-nur-ein-hype.html
- Business-User.de, 2019, URL: https://www.trendreport.de/ki-fuer-finanzinstitute/
- Handelsblatt, 2018, URL: https://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/expertenrat/keese/expertenrat-arnulf-keese-werden-amazon-und-google-bald-zur-konkurrenz-fuer-die-deutschen-banken/23106324.html?ticket=ST-5346780-edHNK7ghNrYBzUffSgdp-ap4
- Ulster University, 2020, URL: https://www.ulster.ac.uk/cognitive-analytics-research/cognitive-analytics
- Waymo, URL: https://waymo.com/